Ich bin um mein Leben gelaufen
Gespräch mit dem Hauptdarsteller Andreas Lust
Andreas  Lust, können Sie sich erinneren an den „Pumpgun-Ronnie“?
    
    Ich  kann mich erinnern, dass ich als Kind mitbekommen habe, wie er die Polizei  wochenlang an der Nase herumgeführt hat.
Wie sind  Sie an das Filmprojekt herangegangen?
      
      Ich habe  zuerst das Drehbuch gelesen und dann den Roman. Für mich war die große  Herausforderung, mich weniger mit Eigenschaften zu beschäftigen, sondern das  abstrakt anzugehen. Ich habe zwar Material zu Kastenberger angeschaut und mit  Augenzeugen und Bekannten von ihm gesprochen, aber es ging nicht um ein  Psychogramm oder gar um Szenen aus seiner Kindheit. Benjamin Heisenberg hat mir  von Beginn an gesagt: Wir machen eine Tierdoku, wir beobachten einen Puma in  der freien Natur. Der ist auch absichtslos. Der muss, weil er kann.  Rettenberger kanalisiert Energie in Zeit und Strecke. Diese Abstraktion war für  mich auf jeden Fall eine große Herausforderung, weil ich eher dazu neige,  Figuren mit Inhalt anzufüllen. Mittlerweile sehe ich den Rettenberger nicht so  sehr als Charakter oder als Figur, sondern als Symbol für reine Energie.
Mussten  Sie durch ein Casting? Was wurde dabei getestet?
      
      Wir haben  auch ausführlich Dialogszenen beim Casting geprobt, aber die körperliche  Komponente war schon sehr wichtig. Es war wichtig, einen Marathonläufer nicht  nur spielen zu können, sondern einer zu werden.
Wie haben  Sie dafür trainiert?
      
      Martin Prinz  war mein Lauftrainer. Wir haben nicht nur an der Kondition, sondern vor allem  auch am Laufstil gearbeitet. Das musste weg vom Jogging und hin zu bestimmten  Marathonschritten, die länger gezogen und ökonomischer sind. Aber einen Teil  des richtigen Laufens kann man nicht mit dem Willen erzwingen, den erreicht man  nur durch laufen, laufen, laufen. Da kann man nicht tricksen. 
Wie ging  es Ihnen an dem Tag, als beim Wien-Marathon gedreht wurde?
      
      Ich bin da  sicher an meine Grenze gegangen. Ich war an dem Tag sehr aufgeregt, weil alles  an mir hing. Der logistische Aufwand war groß, weil wir immer wieder an  verschiedenen Punkten der Strecke eingestiegen und ein, zwei Kilometer  mitgelaufen sind. Das letzte Stück von der Oper zum Heldenplatz war die größte  Herausforderung. Wir haben eine Lücke im Feld abgepasst und sind losgelaufen.  Ich durfte den Abstand zu den Läufern im Feld nicht kleiner werden lassen und  lief die letzten 300 Meter auf dem Zieleinlauf vor 30.000 Zuschauern die  losjubelten als die Ansage kam: „Johann Rettenberger für Österreich“. Ich habe  eine Gänsehaut bekommen und bin um mein Leben gelaufen.
